"Da hatten wir uns ja ein schönes Wochenende ausgesucht für eine weitere sommerliche kulinarische Radtour im Münsterland. Weit über 35 Grad waren für die samstägliche Anreise und sonntägliche Abreise per Rad angekündigt. Puh, aber die inner-familiäre Besprechung ergab, ja das machen wir jetzt, über Regen hätten wir ja genauso gemeckert. So ging es also wieder per Rad auf die Reise an den südlichen Rand des Münsterlands. Haltern gehört ja schon zum Kreis Recklinghausen und ist politisch also Teil des nördlichen Ruhrgebiets. Entsprechend schweißtreibend waren dementsprechend die ca. 80 Kilometer von Rheine über Billerbeck und Dülmen nach Haltern. Gegen frühen Abend und vielen Erfrischungs-Stopps waren wir dann da. Dieser zweite Besuch im Ratshotel in Haltern nach dem Juli 2019 war nicht unerheblich auf die Initiative meiner Frau zurück zu führen. Sie war noch deutlich angetaner als ich nach unserem ersten Besuch. Aber ich war natürlich nicht unglücklich über ihren Vorschlag und schloss mich dem gerne an. So reservierten wir unkompliziert einen Tisch im Restaurant und ein Zimmer für die anschließende Übernachtung. Die Zimmer sind ansehnlich renoviert und bieten guten Komfort für eine Übernachtung. Für Ambiente und sonstiges verweise ich auf meine Rezension aus dem Juli 2019, in dieser Kritik will ich mich dem Menü von Daniel Georgiev und seinem Team widmen. Wie gesagt hatten wir uns das wahrscheinlich heißeste Wochenende des Jahres 2020 für dies Radtour erwählt. Bei der Anreise deckte der Service draußen Tische ein und wir fragten, ob wir auch draußen speisen könnten. Einen Außenbereich hat das Ratshotel nur zur Straße hin, vor dem Eingang. Der junge Mann konnte uns das nicht versprechen, versprach aber, dass abzuklären. Als wir dann frisch geduscht und in einem für ein Sterne-Restaurant angemessenen Zustand zum Essen herab kamen, wurde uns dann ein schöner Tisch für Zwei draußen angeboten, vielen Dank dafür! Es waren auch um kurz nach 19 Uhr immer noch weit über 30 Grad und so wurde erst mal eine Flasche Wasser bestellt, es wurden im Laufe des Abends noch ein paar mehr. Als die Flasche mit den Karten kam, orderten wir einen Aperitif, meine Frau wie so häufig einen Cremant de Loire brut, genauso bei mir ein Wermut Beim Genuss dieser Aperitif widmeten wir uns den Karten und orderten aus den angebotenen maximalen 9 Gängen eine Auswahl für uns, bei mir wurden es dann 7 Gänge, bei meiner Frau 5 Gänge. Die Auswahl lässt sich auf der HP einsehen, zusätzlich zum Menü gibt es ein a la Carte Angebot, dass sich auch ohne Probleme mit dem Menü kombinieren lässt. Allerdings schränkt die Portionierung der Angebote aus dieser Karte ein bestellen über den klassischen 3 Gang Umfang aus. Angesichts der am Abend des 8. August geboten Menü-Bestandteile definitiv keine Option für meine Frau und mich. Für die erste Hälfte wurde ein Wein von der Nahe geordert. Der Weißburgunder sollte die ersten Gänge gut begleiten können. Schon zum Aperitif ein servierte die Küche ein äußerst gut gelungenes Foccacia der benachbarten Bäckerei und dazu eine Olivenbutter und eine Frischkäsecreme. Diese beiden litten natürlich nach äußerst kurzer Zeit unter den herrschenden tropischen Bedingungen. Aber auch ohne diese war das Brot eine schöne Einstimmung auf unser Menü. Daniel Georgiev begrüßte uns parallel zum servieren der Weinflasche auch noch einmal in seinem Restaurant mit einem Rindfleischtatar, dass mit Karottenchips sehr wohlschmeckenden Crunch erhielt. Das Tatar war nicht weiter verfeinert worden, geschnitten war es, nicht gewolft, fein! Nur ein bisschen Paprika Mayonnaise kam zu den Chips obenauf. Perfekter kalter Küchengruß für diesen Abend. Noch ein Ticken besser, aber dass ist ausschließlich auf eine persönliche Vorliebe für diese Speise zurück zu führen, die dazu servierte Erbsen-Cremesuppe. Erbsen, Sahne, etwas Süße, etwas ätherische Öle, ich vermute Minze, und etwas Salz und Pfeffer und man hat die Königin aller Cremesuppen vor sich! Perfekt und es blieb nicht ein Tropfen im kleinen Tässchen! Der Wein war für gut befunden und in beide Gläser gefüllt, jetzt durfte es beginnen, unser Menü. Meine Frau mag keine rohen Austern, ich schon, also Gang 1 nur für mich. Gillardeau Austern hatte Daniel Georgiev als Beginn seines Menüs vorgesehen. Passionsfrucht Nori Algen Zitronen-Baiser waren in der Karte als Begleiter angegeben. Auf einem Salzbett wurden zwei Austern in der Schale serviert. Ins Auge fiel die Fleischigkeit der Austern selber. Gute Qualität war schon mal gegeben. Die Auster war roh, so viel war zu erkennen. Es fiel etwas schwer, die Schale in einem Happs zu verspeisen, wenn man es dann aber geschafft hatte, füllte sich der Gaumen mit einer wohl bedachten Aromen-Kombination aus Crunch mit ganz feiner Säure, mehr Säure durch die Passionsfrucht sowie salzigem Umami mit Jodnote durch die Alge! Sehr intelligenter Gang. Ich war zufrieden, Frau freute sich nun noch mehr auf ihren ersten Gang im Menü. Das war dann ein vegetarischer Gang, Comtè Käse Kopfsalat genannt. Walnuss Aprikosen Thymian Schaum verkündete die Karte dazu. Das klang irgendwie sehr unspektakulär, und war bei der Auswahl unserer Gänge eher einfach so mit durch gerutscht. So kann man sich irren, mea culpa, ich werde nie wieder das vermeintliche Einfache so unterschätzen. Hier stand einer der besten Gänge des Abends vor uns. Großartige Kombination eines 24 Monate gereiften, wie ein Carpaccio geschnittenen Comtè in Lagen mit dem rohem Salat serviert, begleitet von Säure und Crunch. Hervorragende vegetarische Küche, so gut durfte es weiter gehen. Weiter ging es mit einem italienischem Klassiker, Vitello Tonnato Thunfisch Kalb Oliven Tomaten Kapern wurden wir informiert. Aber natürlich waren wir in einem 1 Sterne-Restaurant, also kein Dosenthunfisch, sondern Blue Fin Thun in einer unglaublich guten Qualität oben auf dem grollten Kalbfleischscheiben sowie der Thunfischcreme zuunterst. Kapern, Oliven und Crunch durch Brotscheiben ergänzten diesen Gang auf das Feinste, sehr geschmackiger Gang und sehr gutes Handwerk. Vom Fisch und Fleisch Klassiker ging es zu einem weiteren Meeresfrüchteklassiker. Gegrillter Oktopus sollte folgen. Blumenkohl Haselnuss Erbsen Champignon waren laut Karte die etwas ungewöhnlichen Begleiter. Fenchel als ein bestimmender Bestandteil auf dem Teller wurde uns unterschlagen. Die perfekte Garung des Pulpo Arms gefiel auf den ersten Bissen, zart war er, dann kross gegrillt. Obige Zutaten fielen bei diesem Aromen nicht weiter auf. In der Rückschau war das ein gutes Pulpo Gericht, aber die ungewöhnlichen Zutaten erschmeckten sich nachher nicht mehr. Der nächste Gang wurde mir exklusiv serviert. Hier ist es aber wie bei den Austern, dass Aussetzen fiel meiner Frau bei Terrine von der Gänseleber nicht schwer. Sesam Mango Terriyaki-Sud Brioche waren als Begleiter auf dem Teller, der von einem Sauternes 2017 begleitet wurde, den ich außer der Reihe dazu orderte. Die Terrine war über jeden Zweifel gut, nur mit etwas Fleur de Sel obenauf, dazu eine Scheibe geröstetes Brioche. Mehr brauche ich eigentlich nicht dazu. Aber der Sud, das Mango Püree und der Crunch störten auch nicht, einfach lecker! Während ich mich der Terrine widmete hatte meine Frau parallel eine zweite Flasche Wein gekostet, die uns in der zweiten Menühälfte begleiten sollte. Es ging mal nicht ins Burgund, wir wagten uns in terra incognita und bestellten einen Hermitage 2016 Hermitage Le Chevalier de Sterimberg von Paul Jaboulet. Diese Wahl bereuten wir definitiv nicht, dieser Wein würde unsere weiteren Speisen aufs perfekte begleiten. Mit dem Oktopus und der Terrine waren wir über die Hälfte des Menüs gekommen. Im Hauptgang kann man, siehe HP, zwischen Fisch und Fleisch entscheiden. Wir beide wählten den Fisch, Kanada Black Cod Matjes Meerrettich Buttermilch Lauch sollten den Dorsch aus Neuengland begleiten. Der Matjes fand sich als Tatar sowohl auf dem Fisch als auch neben ihm. Der Lauch in Scheiben gedünstet auf dem Teller, mit einer Scheibe Rettich obenauf. Auf dem Fisch eine Art Chutney mit prägnanter Säure. Sehr guter Fisch-Hauptgang. Auch der am Nebentisch servierte Fleischhauptgang konnte aber optisch sehr gefallen. Das waren bisher 4 bzw. 6 im Großen und Ganzen sehr überzeugende Gänge, die allenfalls im Detail kritisiert werden konnten. Unser Menü wollten wir abschließen mit Zitronentarte Meringue Wildheidelbeeren Frischkäse-Eis waren mit auf dem Teller. Perfekter Hochsommer-Menü Abschluss, es waren auch um 23:00 Uhr immer noch über 30 Grad. Die weiterhin angebotene Menüoption Käse vom Affineur Waltmann mit Stachelbeeren Mandeln konnte uns an diesem Abend nicht mehr reizen, ein gewisser Herr aus HB möge mir verzeihen. Zwischenfazit Küche: Kann ich also zum Fazit kommen. Sternküche ist im Bereich MS und OS rar gesät, und nach dem Verlust des La Vie in OS und kommend des Keilings in Bentheim wird es noch lichter in der Auswahl der gehobenen Restaurants. Es gibt Lichtblicke in OS und MS selber, vielleicht werden dort in den nächsten Jahren neue Sterne aufgehen, aber ich bin froh dass ich in Haltern einen Stern zur Auswahl habe. Wir kommen sicher wieder, dass hat meine Frau verkündet und wenn das passiert, dann ist für ein Restaurant die allerhöchste Hürde schon überwunden! Das war mein Resümee nach dem letzten Besuch. Die Sterne in MS und OS sind da, sehr erfreulich, aber weiter südlich gibt es mit dem Ratshotel eine sehr verlockende Alternative dazu. Daniel Georgiev und sein Küchenteam, siehe HP, machen einen tollen Job. Auch der Service unter Petra Georgieva, Thomas Heyer, Jurgen Efovija sowie ganz besonders der junge Sommelier Yasin Aktas standen in ihrer Leistung der Küchencrew keinesfalls nach! Freundlichkeit, Ausbildung und Ausstrahlung auf Sterneniveau machen eine Einkehr zur Freude! Wir haben unser Wiederkommen in 2021 spätestens schon angekündigt! Wollen wir hoffen, dass das Schicksal uns lässt! Absolute Empfehlung für das Ratshotel in Haltern. Mit einem Espresso und gutem rotem Wein sowie einem Gin Tonic klang der Abend dann zu Mitternacht aus"