"Ein warmer Montagabend im August. Man fuhr mit dem Rad in die beschauliche Universitätsstadt an der Queich um bei seinem Lieblingsitaliener in der Trappengasse „Sapori d’Italia“ Station zu machen. Dieser hatte leider aus familiären Gründen geschlossen, also musste der kulinarische Plan B herhalten. Der war gar nicht so leicht in die Tat umzusetzen, hatten doch die von uns präferierten Läden montags geschlossen. Aus Plan B wurde spätestens dann Plan C, als wir auch im Restaurant „Fünf Bäuerlein“ keinen Platz fanden, da dort die restlichen freien Tische reserviert waren. Gut, wir wollten dann auch nicht ewig suchen. Das etwas antiquiert anmutende „Pfeffer Salz“, ein Bilderbuchitaliener, dessen Interieur sich seit den 80er Jahren nicht geändert hatte, fand bei meiner Gattin leider keine Zustimmung. Direkt neben dem „Bäuerlein“ kein Scherz, so wird es von den Landauern tatsächlich genannt hält sich seit vielen Jahren ein kleines, auch auf Bringdienst, Catering und Partyservice ausgelegtes Ristorante, dessen Name eine gewisse Leichtigkeit suggeriert. Giuseppe Ciciriello gibt hier seit geraumer Zeit den Patron alter Schule, der mit einer Mischung aus entspannter Überheblichkeit und südländischem Humor bei seiner auf Pasta und Pizza gepolten Klientel gut anzukommen scheint. Paare, Passanten, Palaver: das Landauer Altstadt Idyll ließ sich an jenem lauen Sommerabend vor der Kulisse des gegenüber befindlichen Alten Kaufhauses, einer historischen Veranstaltungsstätte mitten im Stadtzentrum, ganz vortrefflich genießen. Und um es gleich vorweg zu nehmen: man gab uns auch reichlich Zeit dazu. Die auf dem Kopfsteinpflaster vor dem Haus verteilten Tische waren fast alle belegt. Dafür ging es im Inneren des „Fliegenden“ umso ruhiger zu. Wahrscheinlich übertrug sich diese entspannte Atmosphäre auf die Küchenmannschaft, die besonders beim Pizzabacken an diesem Abend keine Eile walten ließ. Gut Ding soll ja bekanntlich Weile haben. Schneller war Signore Ciciriello mit dem Aushändigen der Speisenkarten. Auf Seite 1 empfing uns eine bunte Mischung von Empfehlungen der Woche oder des Monats. Unter dem Titel: „Angebot“ reihten sich Vitello tonnato 9,90 Euro an Peperoni fritti 5,90 Euro und Tagliatelle mit Pfifferlingen 13,90 Euro an Saltimbocca à la Romana 14,90 Euro , ehe das reichhaltige Speisenprogramm mit allem, was man beim netten Italiener um die Ecke an Nudeln und Teigfladen in der Regel so aufgetischt bekommt, in Klarsichtfolien eingepackt auf entscheidungsschwache Gäste lauerte. Die Pizzen waren in zwei Größen erhältlich. Mit 28 cm klein bzw. 32 cm groß Durchmesser lagen sie im durchaus verzehrbaren Bereich eines Otto-Normal-Verdauers. Das traumatische Erlebnis im Neustadter Milano hing mir zu der Zeit noch nach. Da war ich froh, über die etwas kleiner dimensionierten Exemplare. Auch diesmal durften es gerne Meeresfrüchte sein, die dem tomatisierten Hefeerzeugnis etwas maritimen Touch verleihen sollten. So jedenfalls meine Hoffnung bei der Bestellung einer großen Marinara 10,50 Euro . Meiner Frau war nach einer kleinen, mit Schafskäse, Oliven, Peperoni und Kapern belegten Zinghera 9,50 Euro zumute. Als Appetizer wollten wir uns vorweg eine Portion Bruschetta 4,50 Euro von der Empfehlungskarte teilen. Die Flasche San Pellegrino kam auf innerstädtische 5 Euro. Den Bieranteil in meinem Radler 0,5 l für 4 Euro steuerte die Bischoff-Brauerei aus Winnweiler Donnersbergkreis bei. Das Bestellen von Essen und Getränken ging recht zügig vonstatten. Auch wurden zeitnah unsere georderten Durstlöscher serviert. Mit der Bruschetta hatte man es dagegen weniger eilig. Umso erfreulicher, dass nach etwa einer dreiviertel Stunde die vier gerösteten, mit gehackten Tomaten, dünnen Knoblauchscheiben, Basilikum-Gewürz, Rucola und schwarzen Oliven garnierten Weißbrotscheiben endlich den Weg zu unserem Tisch fanden. Wer jetzt glaubt, dass die Pizzen bald nachgeschoben wurden, irrt gewaltig. Es verging sicherlich nochmal eine gute halbe Stunde – seit unserer Ankunft waren mittlerweile gut 90 Minuten vergangen – ehe unsere bestellten Rundlinge endlich aus dem Ofen geholt wurden. Keine Ahnung, ob man hier mit Niedrigtemperatur zu Werke ging. Auch der Umstand, dass die meisten der nach uns erschienen Gäste schon eifrig ihre „Mafiatorten“ verputzten, machte mich fuchsig. Auf meine in zurückhaltend verständnisheuchelnder Manier gestellte Frage nach dem Verbleib der Rundbackwaren, bekam ich lediglich die banale Antwort „Es kam Bruschetta, also kommt auch Pizza!“ Egal, unsere vor gefühlt zwei Stunden bestellten Pizzen lagen ja jetzt vor uns und die Argumentation von Herrn Ciciriello war wohl dem vorherrschenden Backstress geschuldet. Wahrscheinlich hatte noch ein zweiter Tisch die „fliegenden“ Teigfladen des „schleichenden Italieners“ geordert. Da kommt man an einem lauschigen Montagabend gern mal ins Rotieren. Mit Verlaub lieber Giuseppe, wo waren die auf der Karte nachzulesenden Krabben und Venusmuscheln, wegen denen ich überhaupt den Vertrauensvorschuss eines Meeresfrüchtepizzaauftrags in Erwägung zog? Letzteren ging es wohl so mies, dass sie auch deren Namen trugen. Bei manchen Exemplaren sogar noch inklusive der Schale. Die Tintenfischstreifen ließen sich ins Lateinische locker mit Gummi elasticum übersetzen. Schmeckten aber besser als ihre dehnbare Textur vermuten ließ. Nämlich weder nach Fußmatte, noch nach PVC-Belag. Der Frechheit letzter Trug Schluss waren jedoch die dünnen Surimi-Scheibchen, die mir als Krabben-Surrogat meine „Marinara“ vollends ruinierten. Über den viel zu massiven Käsebelag und die überwürzte Tomatenbasis regte ich mich da schon gar nicht mehr auf. Auch meine Frau konnte ihrer lieblos belegten „Zinghera“ wenig Positives abgewinnen. „Zu mächtig und viel zu würzig“ fiel ihr knappes Urteil aus. Den Boden hielt sie dagegen für akzeptabel. „De Hunger hot’s noi triebe!“ sagt man auf der rechten Seite des Rheins und meine schlimmsten Befürchtungen regelte im Anschluss mein Pferdemagen. Der „schleichende Italiener“ muss wohl in Zukunft ohne uns auskommen. Wird er aber bestimmt, denn seine Lage macht ihn scheinbar über jeglichen qualitativen Anspruch erhaben. Warum sollte er also bei den Nudelgerichten frischere Zutaten verwenden? Für einen weiteren Selbstversuch fehlt mir auch ehrlicherweise die Geduld. Da sind andere Italiener deutlich mehr auf Zack. Und liefern wesentlich bessere Ergebnisse. Wie die beiden Rezensenten vor mir auf durchschnittlich 4,5 Sterne kommen, ist mir schleierhaft. Aber ihre Bewertungen sind auch schon fast sieben Jahre alt. Vielleicht standen damals noch Leute in der Küche, die eine ordentliche Pizza backen konnten. Wer weiß…"