"Die Woche neigt sich dem Ende. Unser täglicher 10.000 Schritte-Gang steht noch aus und da die Küche in den letzten Tagen ausgiebig kreativ genutzt wurde, steht die Entscheidung schnell fest, dass heute nicht mehr selbst in den Töpfen gerührt werden soll. Warum nicht das Praktische mit dem Nützlichen verbinden und den Gang mit einem Restaurantbesuch verbinden? Während sich die halbe GG-Community gerade auf Sylt von einer In-Location zur nächsten futtert, soll es für uns aber heute gar nichts Besonderes sein. Wenn man an einem Freitag nichts reserviert hat, muss man eh nehmen, was kommt. Voraussetzung ist nur, dass man draußen sitzen kann. Was es werden soll, ist eigentlich ziemlich offen. Sushi kommt in die engere Wahl, spanisch oder syrisch wäre auch ok. Es wird bayerisch. In der Stadtmitte gibt es mit dem „Bavarium“ einen großzügigen rundlich angelegten Bau mit erwartungsgemäß holzlastiger, alpenländisch anmutender Ausstattung und einen teilweise überdachten Biergarten. Dort können wir uns einen Tisch aussuchen und nach kurzer Zeit stehen auch die beiden Löwenbräu Helle auf dem Tisch. Der allerdings hätte durchaus auch mal abgewischt werden können. Es bappt doch an vielen Stellen. Vorbildlich hingegen die Möglichkeit, sich per scanbarem Link die Speisekarte anzuschauen oder die Registrierung vorzunehmen. Man kann alles aber natürlich auch analog bekommen, wie wir an den anderen Tischen sehen. Alles Digital Die Speisekarte bietet natürlich alles auf, was man in einem bayerischen Restaurant erwartet, von der Brotzeit über den Wurstsalat bis zum Schweinebraten oder der Schweinshaxe. Burger und Schnitzel fehlen ebenso wenig. Flammkuchen, etwas Fisch und der ein oder andere Salat sind auch zu finden, aber irgendwie wirken sie in diesem Fleischpalast wie Feigenblätter oder Alibigerichte für die gesundheitsbewussten Damen, die sich der Begleitung hierhin nicht entziehen konnten. Wir wählen zum einen das Tiroler Gröstl mit gebratenem Schweinebraten, Bratkartoffeln, Essiggurke und Spiegelei. Im Eisenpfännchen befindet sich auch genau das. Nicht mehr, nicht weniger. Das Fleisch ist knusprig gebraten und verhalten gewürzt, aber insgesamt ist das natürlich trotzdem eine deftige Angelegenheit. Die Bratkartoffeln könnten knuspriger sein, haben etwas Speck und wenig Zwiebeln mitbekommen, was mir entgegen kommt, da ich sie normalerweise ohne Zwiebeln esse. Allerdings sind sie arg salzarm. Das kommt auf Nachfrage in kleinen abgepackten Tütchen. Die Bratkartoffeln sind in Ordnung, aber weit entfernt von unserem Benchmark. Der ist nur zuhause zu bekommen. Tiroler Gröstl Für mich gibt es die hausgemachte Sülze von der Tageskarte. Auch die kommt mit besagten Bratkartoffeln, einem Berg Zwiebeln, als wär das eine Gyrosplatte (aber ich mag ja rote Zwiebeln, von daher ok) und zwei Gurken. Die Feldsalat-Garnitur dazu wäre vielleicht essbar gewesen, wenn man ihr wenigstens einen Hauch Dressing hätte angedeihen lassen. Aber wer bitte mag schon trockenen Salat essen? Ganz ausgezeichnet hingegen ist die Sülze, die eindeutig hausgemacht ist. Offenbar wurde hier Schweinebraten verarbeitet, womöglich vom Vortag, was eine gute Resteverwertung ist. Dass die Remoulade aus dem großen Eimer kommt, war zu erwarten, ist bei einem Preis von nicht mal 12 Euro für die üppige Portion aber zu verschmerzen. Hausgemachte Sülze, Bratkartoffeln, Remoulade Unser Kellner ist aufmerksam, flott und nicht auf den Mund gefallen. Nicht die schlechteste Voraussetzung, um in diesem Umfeld für Umsatz zu sorgen. Auch unser zweites Bier, diesmal ein Dunkles und ein Pils, kommt zügig und schmeckt. Und muss dann allerdings auch, einem natürlichen Bedürfnis folgend, wieder entsorgt werden. Dabei wird allerdings deutlich, dass es auch auf den Toiletten mit der Treffsicherheit der männlichen Spezies nicht weit her ist. Was ist eigentlich so schwer daran, wenigstens die Brille anzuheben? Vermutlich schieben die meisten Männer sie wohl gerade mal von der Nase auf die Stirn. Und auch der Gebrauch von Klobürsten ist manchem offensichtlich ein Mysterium. All das sollte bei regelmäßigen Kontrollen auch dem Personal auffallen. Zumal an einem so trinkfreudigen Ort. So muss es, auch unter Berücksichtigung des Tisches, der etwas mehr Reinigungszuwendung hätte vertragen können, Abzüge in der B-Note geben. Für ein geselliges Bier, eine sättigende und ordentliche Mahlzeit ist das „Bavarium“ nicht die schlechteste Wahl. Den Schnaps kann man dort, oder wie wir, auch zuhause trinken. Man wird ihn brauchen."