"Der letzte Julitag 2015 war wieder einer der schönen Tage dieses Monats. Wie immer Freitags war der Kühlschrank leer gekocht und der Marktbesuch stand erst für den kommenden Samstag an. Also mal schauen, wo man essen könnte. Wir hatten schon länger mal einen Besuch bei Nickisch in Schüttorf auf dem Tableau. Das Hotel Nickisch ist ein sehr alteingesessenes Haus in der Obergrafschaft und einige meiner Geschäftspartnern hatten dort schon genächtigt und gespeist mit positivem Feedback. Also reservierte meine Frau einen Tisch am Freitagabend und wir nutzten das schöne Wetter für eine Cabriotour über kleine Pättkes von Rheine nach Schüttorf. Meine Frau hatte sich tatsächlich bereit erklärt, zurück zu fahren! Somit war ich in der glücklichen Lage, nicht auf ein Glas Wein verzichten zu müssen. Angekommen in Schüttorf betraten wir das gut gefüllte Restaurant. Es gab an diesem Abend ein Tapas Buffet (regelmäßig im Monat kann man ein Buffetessen im Restaurant besuchen), und der gemeine Grafschafter liebt es sich unbegrenzt den Bauch voll zu schlagen. Meiner Frau und meins ist das nicht, und wir verzogen uns schnell auf die ruhige und schöne Terrasse, wo wir in Gesellschaft von 4 weiteren Tischen in Ruhe und ohne Buffettrubel a la Carte speisen konnten. Die sehr freundliche und schnelle Bedienung brachte uns die Karten. Und hier beginnt sich mein Titel für diese Kritik zu erklären. Gefühlte dreiviertel der Karte bestanden aus deftigen Fleischgerichten. Drei Fischgerichte und ein paar wenige fleischlose Alternativen verschwanden fast in der großen Schnitzel, Filet, Roastbeef Vielfalt mit Bratkartoffeln. Dies kommt bei den meisten Besuchern (Grafschafter) sicher ganz gut an, aber für einen schönen Sommerabend in einem Hotel mit Anspruch und internationaler Besucherschar ist mir das etwas zu wenig. Wir wurden aber fündig, meiner Frau stand eh der Sinn nach Fleisch und ich fand ein mir zusagendes Fischgericht. Vorweg bestellten wir uns eine Kartoffel-Pfifferling-Rahmsuppe für meine Frau sowie ein Carpaccio aus Angusrind für mich. Beide Gerichte waren nicht gut, allenfalls ausreichend. Die Suppe meiner Frau war nur mit äußerstem Goodwill als Pfifferlingssuppe zu bezeichnen. Keinerlei Pilzaroma in der Kartoffelsuppe konnten die reichlich hinein geschnittenen Pfifferlinge auch nicht mehr retten. Eine gute Kartoffelsuppe mit Plizstücken ist für mich keine Pilzsuppe. Dafür braucht es eine Grundbouillion, in der auch Pilze ihr Aroma hinterlassen haben. Nicht gut! Mein Carpaccio war dagegen sehr gut. Gut gekühlte, hauchdünne Scheiben hinterließen Freude. Aber erst nachdem ich das Riesennest auf Rauke entfernt hatte. In einer solchen Menge ist Rauke zu bitter, soviel kann man davon nicht essen. Auch hier nur fast perfekt. Der Hauptgang meiner Frau war Kuh auf der Wiese, ergo ein Rumpsteak vom Angusrind. Und hier konnte die Küche mal glänzen. Da kam ein perfekt gegartes Stück Rindfleisch an den Tisch, medium zubereitet, wie es sein muss. Ausreichend gereift und sehr zart. Bon! Mit einer leckeren Avocado-Mango Dip, Salat und gerösteten Kartoffeln war das ein gutes Essen. Das ließ ich auch für meinen Pannfisch gelten. Hier kamen knusprig ausgebackene Seelachsstücke, innen saftig, mit einer guten Senfsauce auf den Teller. Dazu leckere Bratkartoffeln. Nicht ganz das, was der Hamburger als Pannfisch erwartet, aber ein gutes Fischgericht. Mir schmeckte es. Auch hier ging der Daumen nach oben. Meine Frau verzichtete angesichts ihrer beiden üppigen Speisen auf ein Dessert und bekam einen etwas zu kalten Espresso serviert. Ich konnte nicht widerstehen eine Variation meines Lieblingsdesserts zu probieren, dass ich so noch nicht probiert hatte. Crème brûlée mit Holunderaroma. Die Crème brûlée war eine hervorragende Zubereitung, nur leider komplett ohne einen Hauch von Holunder. Ich war wieder ein wenig enttäuscht. Schade. Freude machte die Weinkarte. Bei den offenen Weinen hatte das Hotel eine sehr glückliche Hand. Ich fand sehr viel Freude an einem Schneider Wein, ein Riesling mit Namen Black Label. Auch wenn ich dieses WG als Marketingprodukt der Sansibar bisher immer abgelehnt habe, dieser Riesling macht Freude. Lecker. Auch der offene Spätburgunder vom WG Tesch machte Spaß. Die Weine versöhnten mich mit dem nicht ganz so erfreulichen Speisen. Fazit: Eine zu einseitige Karte, kleine Schwächen lassen mich drei Punkte vergeben. Vielleicht kommen wir noch mal wieder, wenn es sich ergibt und können von Steigerung berichten. Die braucht es definitiv. Der Service machte Freude und das Haus ist in jeder Hinsicht in einem tadellosen Zustand."