"Grundsätzlich bin ich skeptisch gegenüber übertriebenen Landgasthaus-Seligkeiten und vor allem gegenüber Hausnamen, die einen Besuch versprechen. Wer hat mir denn mal gesagt, ich solle einen Ort mit dem Untertitel "Zum singen Host" besuchen? Übrigens lag er damit total daneben. Aber man kann ja über seinen eigenen Schatten springen. Besonders, wenn gute Anrufe und begeisterte Berichte fast ausnahmslos von Freunden kommen. "Zur lustigen Hirsch" übt Landlust und Tradition mit einer gewissen augenbereicherten, aber ernsthaften Professionalität aus. Das Essen ist wunderbar und vor allem ausgezeichnet. Schade nur, dass das Gasthaus so weit ab vom Schuss in einem Ort im Allgäu liegt, dass man fast motorisiert sein muss. Aber mein Reiseführer hat tatsächlich herausgefunden, dass ein Bus täglich zweimal fährt. Vielleicht nicht die schlechteste Option, wenn man bedenkt, dass hier nicht nur Bier, sondern auch Wein und Weinchor in großen Gläsern serviert werden. Das verlockende Angebot an hochprozentigen Spirituosen liest man auf jedem Tisch am Stand. Eine Tischreservierung ist leicht obligatorisch. Mir wurde gesagt, dass an manchen Abenden die Tische 2-3 Mal hintereinander besetzt werden. Denn das ist hier normal. Jeden Donnerstag ist Katzenabend. Man kann beim Schnapsbrennen mitmachen und dann die Mischung bis nichts mehr reinfüllen oder es kommt der Arzt. Der Käse stammt aus der nahegelegenen Käsefabrik Polzer - in der Regel wird eine Mischung aus Bergkäsen unterschiedlichen Reifegrades und Emmentaler verwendet. Die Spätzle werden nicht geschaben oder gepresst wie in Schwaben, sondern mit einem speziellen Gerät hergestellt. Sieht einfach aus, aber Übung kann hier auch nicht schaden. Dieses legendäre Hausgericht hatte ich zwar nicht geplant, aber mit großer Freude für 9,50 Euro für die riesige Portion inklusive kleinem Salat selbst zerstört. Die Spätzle werden in einer schön dekorierten Keramikschüssel serviert, die eine so enorme Kapazität hat, dass man einfach scheitern muss. Der Service bietet natürlich an, den Rest sofort einzupacken. Aber welche Gerüche würden sich im warmen Auto ausbreiten, wenn ich die Hundebox mitnehmen würde, möchte ich mir lieber nicht vorstellen. Ich verzichte daher darauf. Leider schmeckt der Blattsalat glatt und ein wenig fad in einem geschmacklosen, wässrigen Dressing ohne Aroma. Dass es auch anders ging, sehe ich beim Nachbarn - dort gibt es bunte gemischte Salate, die auf abwechslungsreiche und kreative Zusammenstellungen hinweisen. Heute steht eine große Flasche Allgäuer Alpenwasser, still, aus der Nähe - mit dem Untertitel "s'bludde" für eine Abwechslung für 3,80 Euro auf dem Tisch. Danach ist wirklich eine Verdauung notwendig. Der Service erinnert an Herzlichkeit, Lebensfreude, Offenheit und Natürlichkeit. Fragen werden ehrlich und spontan beantwortet, Details werden bei Bedarf schnell in der Küche geklärt. Alles geht schnell von der Hand: Man sieht sich die Speisekarte an, nimmt die Bestellung auf, gibt sie weiter und nimmt sie später ab. Ich muss nie eine unnötige Minute warten. Hier entsteht kein hektischer Eindruck. Es ist einfach wie am Schnürchen. Auf dem Weg zur gewöhnlichen, ländlichen Toilette kann ich einen Blick in die Küche werfen. Sie wirkt professionell, sauber, super organisiert. Man kann auch im Haus übernachten. Aber dazu verweise ich auf die Homepage. In den Sommermonaten bietet eine sonnige Panoramaterrasse mit Blick auf die Berge einen herrlichen Ausblick. Die "Alpe Höfle" ist ebenfalls Teil des Betriebs in der Polz über der oben genannten Bergkäserei und dem Bergbauernhofmuseum, über das ich bereits Ende Mai 2017 berichtet habe. Dort gibt es auch engagierte Arbeit, aber es werden nur Vesper, Brühe, Kaffee und Kuchen angeboten."