"Prolog Eine ganze Woche Osterurlaub stand an und meine Laune daher schon in der vorletzten nicht die schlechteste, in einem entsprechenden Moment ließ ich mich daher dazu hinreißen, Freund Thomas, laut eigener Aussage „Weinkönig von Ohligs“, zu einem gemeinsamen Gelage zu bewegen. Aber wohin? Das Fritz blieb uns beiden seit dem letzten Besuch im Mai 2014 stets in allerbester Erinnerung und die Anfahrt nach Haan war eine Sache von Minuten, was verglichen mit jener nach Wuppertal, zum ursprünglich anvisierten Scarpati über die schon in der letzten Kritik angesprochene „Autobahn from hell“, eine nervenschonende Annehmlichkeit darstellte. Meine strohverwitwete, fahrradliebende Begleitung war urlaubsbedingt der Familienkutsche beraubt und somit durfte ich den gierigen Kapitalisten auch noch abholen, als ich seinen Laden betrat zählte er gerade entrückt lächelnd die Tageseinnahmen und wurde erst nach zweimaligem Ansprechen meiner Anwesenheit gewahr. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass er daraufhin bestgelaunt seine Geldbörse liegen ließ und ich somit, neben dem Chauffeur, auch noch den vorläufigen Finanzier für seinen weinseligen Abend geben durfte, eine sehr undankbare Arbeitsteilung die nicht gerade nach Wiederholung schreit. Nach einer diesmal in jeder Hinsicht vorbildlich gesetzestreuen Anfahrt am Fritz angekommen, wurden Erinnerungen an den Mai vor zwei Jahren wach, Kinder wie die Zeit vergeht, das damalige schöne Essen mit First, es kam mir vor als wäre es gestern gewesen… Kritik Die Baustelle am Restaurant entpuppte sich auch als Thema „von gestern“, die gibt es nicht mehr, was das nach wie vor recht schmucklose Wohn Gebäude nicht noch zusätzlich abwertet, trotzdem wird das Fritz niemals eine äußere Fotoschönheit. Aber wahre Schönheit liegt ja hinter der Fassade, so ist mir die bemerkenswert entspannte Parksituation im Zweifel lieber, als eine „prachtvolle“ Innenstadtlage in einer Prestige Immobilie. Kaum eingetreten war ich sehr positiv überrascht, wir saßen das letzte Mal auf der Terrasse und ich hatte den damals nur kurz begutachteten Innenraum als sehr hell und steril in Erinnerung. Diese behagliche, fast schon intime Lichtstimmung, die meine Fotos nur bedingt wiedergeben, hatte ich nicht erwartet und ich fühlte mich sogleich sehr wohl. Der hochwertige, in hellen Tönen ausgeführte Innenausbau gefällt mir in dieser Beleuchtung mit den hübschen Tischleuchten richtig gut, allenfalls die Fliesen haben für mich einen Hauch von 80er Kellerbar, ich mag Holz einfach lieber. Die Tischkultur gefällt mit blütenweißen, gestärkten Decken und Servietten, hochwertigem Besteck Solinger Provenienz und nicht minder ansehnlichem Porzellan, alles hat Klasse ohne jegliche Effekthascherei. Ein in überaus gepflegte aber nicht zu steife Service Kluft gekleideter junger Mann hinter der Bar begrüßte uns herzlich und eilte herbei, um uns die Garderobe abzunehmen, die sogleich sorgfältig und behutsam verstaut wurde. Unser reservierter Tisch in einer ruhigen Ecke im vorderen Bereich in Sichtweite der Bar wurde uns freundlich zugewiesen und kaum hatten wir Platz genommen, trat die sympathische und charmante Dame des Hauses auf den Plan. Nikoleta Borg ist in den Dreißigern Alter, nicht Geburtsjahr , trotz namentlicher Ähnlichkeiten nicht mit einem Bremer Kritiker verwandt und sorgte mit ihrer höflichen, professionell fundierten und dabei umgänglichen und humorvollen Art sofort für eine sehr angenehme Grundstimmung in jeglicher Interaktion mit dem Service. Die Tour de Menu war gerade zwei Tage vorbei, trotzdem bot man uns an, dieses Menü gerne bestellen zu können, da noch keine neue Degustation komponiert war. Da das Fritz im letzten Jahr den zweiten Platz belegte, war ich neugierig. Da aber meine Nachfrage, ob à la carte Offerten auch nach Lust und Laune zu einem entsprechenden Menü zusammengebastelt werde könnten, ohne zu Zögern mit einem freudigen „Aber sehr gerne doch, in angepassten Größen und natürlich zu einem Menüpreis, die Küche freut sich!“ beantwortet wurde, entschied ich mich dazu, diese Flexibilität zu nutzen. Mein Visavis entschied sich für das „Tour Menü“ 52 Euro plus maßloser Weinbegleitung 31 Euro , ich schraubte mir vorfreudig Köstlichkeiten aus der Standardkarte zu einer Menüfolge 74 Euro zusammen und beschied mich gezwungener Maßen beim Wein. Aperitif Amuse Brot Zum Start in den längeren Abend ein Klassiker, ein Bouvet Ladubay Excellence Cremant de Loire Brut Rosé, die 0,1l zu 7,50€, eine gut gekühlte Flasche wurde geöffnet, ihr Inhalt sorgte für leicht beschlagene Gläser und zufriedene Mienen am Tisch. Dazu gesellte sich eine erste Flasche Haaner Mineralwasser medium, die 0,75l zu gerade noch akzeptablen 5,50€. Noch bevor das Brot aufgetragen wurde grüßte die Küche ein erstes Mal mit einem Creme Süppchen vom karamellisierten Blumenkohl Die Präsentation eher pragmatisch, das krönende Schäumchen sorgte optisch für einen Hauch Glamour, auch wenn Glamour mir hier persönlich geschmacklich etwas abging. Blumenkohl hat für mich immer etwas ödes, auch wenn man der Suppe ihre guten Zutaten und den hausgemachten Fond anmerkte, mein Lieblings Gemüse wird er nie werden. Brot Ich resümierte gerade das Süppchen, da wurde das ausdrücklich selbst gebackene Brot serviert, eine Variante mit eingebackenen Kartoffeln und Röstzwiebeln, die andere mit Nüssen, beide im Grund Teig geschmacklich einen Hauch flach und mir dabei persönlich mit zu viel Restfeuchte im Inneren und einer eher krümeligen Kruste. Zum Brot ein kleines Assortiment von Jordan Olivenöl, Fleur de Sel sowie einer überaus gelungenen Bärlauchbutter, deren mutige Würze die Unauffälligkeit des Brotes mehr als wettmachte. Nachdem in zarten Teilen leicht verhaltenen Start, folgten nun ausnahmslos überzeugende Küchenerzeugnisse, beginnend mit dem zweiten Amuse Bouche, einem Ossobuco vom Lamm Unter etwas leicht scharfer Sakura Kresse ein butterzartes, wohlschmeckendes Stückchen geschmorter Lammkeule im passierten Schmorfond. Ich war begeistert, anscheinend so sehr, dass ich zu den Cremes auf dem Tellerrand nur noch erinnere, dass sie von der Bohne stammten und sich geschmacklich gut mit den mediterranen Aromen des Fleisches vertrugen. 1. Gang Riesengarnelen auf Fenchel Olivengemüse und Bouillabaisse Sud 2014 Weißer Burgunder Johannes K. QbA, Weingut Korrell Johanneshof, Deutschland, Nahe Ein schöner, beherzt vorgewärmter Teller war die Bühne für ein appetitlich duftendes und nicht minder gut aussehendes Gericht. Das Zusammenspiel von Sud, Fenchel und den maritimen Noten der Garnelen war sehr überzeugend, ich hätte mir den Sud für sich genommen noch etwas kräftiger gewünscht, aber dann hätte er sehr schnell alles andere erschlagen. Den Tellerrand zierte eine besonders in Kombination mit Garnele und Fenchel ebenfalls sehr wohlschmeckende Creme vom schwarzen Knoblauch. Nachdem ich diesen vor einiger Zeit mal zu einem horrenden Preis im Handel gesehen hatte erfuhr ich im Internet, dass es sich um aufwendig fermentierte Ware handelt, die wohl keine Geruchsbelästigungen nach dem Verzehr nach sich zieht, nun ja, wer´s braucht. Der Burgunder von Korrell eine gute Wahl von Frau Borg, kräftig und langanhaltend auf dem Gaumen, eine allzu filigrane Empfehlung hätte es hier schwer gehabt. 2. Gang Tatar vom Rinderfilet, klassisch mariniert auf Kartoffel Lauchrösti Wie uns die Kochbücher sagen, wird ein klassisches Tatar angerichtet mit Senf, Kapern, Sardellen, Cornichons, Eigelb, Schalotten und Cognac und diese Zutaten fanden sich auch hier, wenn auch in einer Art und Weise, die das im Eigengeschmack eher dezente Filet eher begleiteten als überlagerten. Das Wachtelspiegelei beglückte den Esser mit einem flüssigen Kern, besonders positiv in geschmacklicher Erinnerung blieb neben dem Rösti die Schalotten Rotwein Emulsion im Sardellen Röllchen. Ansonsten Freude an makellos verarbeitetem Fleisch, bemerkenswert frischem Pflücksalat und einer mildwürzigen Creme, die ich rückblickend nicht näher auf den Punkt bringen kann mir aber ebenso rückblickend alternativ auch gut mit leichter Trüffelnote vorstellen könnte. Würde ich hier jederzeit wieder bestellen, das geht sehr leicht schlechter. 3. Gang Seeteufel mit Safran Blumenkohlcreme, Couscous und Granatapfel Beurre blanc 2011 Chardonnay, Craggy Range Vineyards, Hawkes Bay, Neuseeland Leichte orientalische Anklänge im nächsten Gang, der hervorragend parierte Fisch wurde in der Pfanne gebraten, die Medaillons glasig mit festem Biss, dabei trotzdem zart, darum mag ich Seeteufel unter anderem so gerne. Der Couscous wurde – wie die sündig fruchtige Beurre blanc ebenfalls mit Granatapfel Begleitung zubereitet, hierin fanden sich neben ganz leicht an Ras el Hanout erinnernden Tönen eben auch die charakteristischen Kerne dieser in unseren Breiten noch immer einen Hauch exotischen Frucht. Diese Aromenvielfalt kontrastierte die vergleichsweise eher gradlinige Safran Blumenkohlcreme, hier war außer den namensgebenden Ingredienzien nicht sehr viel zu vernehmen, was aber im Zusammenspiel mit im gleichen Bissen verschlungenen Komponenten wiederum sehr gut funktionierte. Den hervorragenden, komplexen Chardonnay aus NZ hatte ich so nicht vorgesehen, man bestand aber förmlich darauf, mir diesen zum Probieren reichen zu dürfen, ich löste es so, zum folgenden Gang eine ebenfalls auf die Hälfte reduzierte Menge Wein 0,05l zu nehmen und freute mich über die liebevoll agierende Sommelière. Sorbet Cassisfrappé mit Champagner Espuma Hier war ich leicht voreingenommen, denn ich liebe Cassis in ziemlich jedem Aggregatszustand. Die Servierform im Glas mit Strohhalm nicht ganz meins, ich löffle mein Sorbet dann doch lieber und auch die Champagner Espuma hätte man so mehr nach Gusto kombinieren können, anstatt gezwungen zu sein, diese getrennt zu schlürfen. Aber das tat der geschmacklichen und handwerklichen Exzellenz keinen Abbruch, intensive herbe Frucht, keine kristalline Konsistenz des Frappé und auch die Espuma überzeugte: mit Standhaftigkeit und den edlen Noten eines Champagners wobei man hier natürlich auch einen beliebigen Cremant hätte nehmen können, schmecken kann man den Unterschied in dieser Verarbeitung wohl kaum noch, aber sobald man es weiß, freut mich sich natürlich . Zufriedenes Schlürfen auf beiden Tisch Seiten, Frau Borg freute sich abermals über unsere positive Rückmeldung, von Ihrer Seite bislang ein stetiges, diskretes Umsorgen auf höchstem Niveau. 4. Gang Tranchen vom Angus Rumpsteak in Sesam Marinade, Pakchoi Kartoffelstampf und Teriyakijus 2014 Colle Pino, Merlot Sangiovese, Toscana igt, Castello Banfi, Toscana Nach dem Nahen Osten im Fischgang nun der Ferne, auch hier war ich angetan vom Tellerbild und den einhergehenden Geruchsarien. Das Fleisch wurde klassisch im Sous Vide gegart und à point medium rare nachgebraten, besonders gut gefiel mir die Marinade mit dem außen anhaftenden Sesam, das brachte neben einem Hauch von geröstetem Sesam auf der Zunge auch ein wenig Textur ins Mundgefühl. Der Pakchoi Kartoffelstampf gefiel auch gut, ich mag Pakchoi sehr gerne, auch wenn er natürlich gerade sehr im Trend ist, ähnlich wie omnipräsentes Gedöns wie Edamame. Die Shiitake Pilze haben mich sehr positiv überrascht, oft waren sie wie Gummi, hier waren sie appetitlich zart geraten und trugen diesen typischen „Hitzegeschmack“, den man gemeinhin nur im Wok herstellen kann. Neben dem Fleisch war der Teriyakijus der absolute Star auf dem Teller, die Süße des Reisweins, das Salz der Sojasauce und ein kräftiger Fond formierten ein derart „lecker Sößken“, ach, ich hätte sie löffeln können. Während Thomas zu seinem Fleischgang einen recht wuchtigen Bordeaux erhielt, musste ich mit einer vergleichsweise verhaltenen, jungen Cuvée aus der Toskana vorlieb nehmen, mir etwas zu gefällig, hätte zu alltäglicher Pasta sicher auch gut gepasst. Ich hätte halt seinen Bordeaux nicht probieren sollen… Dessert Apfel Vanille Trifle mit Mandelkrokant Die Karte fügt hinzu, ein „Granny Smith Apfel in verschiedenen Texturen“ und ja, schaut man sich das Sorbet, das Gel, die leicht kandierten ? Stückchen und das feine Apfel Mousse im Glas an, ist man schon optisch gewillt zu urteilen „gültiger Versuch!“. Wie schon das Frappé war auch das Sorbet große Kunst, die samtige Vanille Creme auf dem Teller und im Glas bildete einen schönen Kontrapunkt zu Frucht und Säure des Apfels, dazu die unvermeidliche „Crunch“ Komponente in Gestalt des Mandelkokrants. Da ich mit Schokolade nicht so furchtbar viel anfangen kann, für mich ein perfekter Nachtisch, ich hätte aber auch gut ohne leben können, denn wie so oft lockte Meister Waltmann auf der Karte mit einer Auswahl von affinierten Rohmilchkösen… Nach dem Essen noch etwas Plauderei mit Frau Borg, die Rechnung kam mit zwei netten Kokos Petit Four, Thomas durfte noch zu meinem Leidwesen das hier zum Verkauf stehende halbe Sortiment einer viel gelobten lokalen Mikro Brennerei Moonshiner testen und nach einer problemlosen Bezahlung per EC Karte ging es hinaus in das mittlerweile spätabendliche Haan. Fazit Abermals hat mich Küche des Fritz überzeugt, wegen kleinerer Schwächen, die man der Kritik entnehmen kann, ziehe ich einen halben Stern beim Essen ab, ein ganzer Stern wäre angesichts der überwältigenden Mehrheit positiver Aspekte doch ein wenig viel, zumal auch meine Begleitung durchweg begeistert war. Besonders erwähnenswert, wie stimmig die Gerichte komponiert sind, anstatt einzelne Bestandteile brachial in eine Richtung zu drängen Stichwort Wasabi Kruste… hat jedes Gericht einen stringenten Touch, sehr zur Nachahmung empfohlen. Das gepflegte und makellos saubere Ambiente gefiel mir gut, in entsprechender Beleuchtung wird aus den beiden Gasträumen eine behagliche kleine Oase in der man zu jeder Gelegenheit angemessen speisen kann. Der Service tadellos, Getränke werden diskret nachgeschenkt, das Besteck behandschuht aufgelegt, Nachfragen zu Wein und Speisen sofort fundiert beantwortet, ein pausenloses, dezentes Umsorgen auf Sterne Niveau. Ich werde gerne wieder kommen und habe verstanden, warum das Fritz in 2015 den zweiten Platz in der TdM belegt hat und in diesem Jahr laut einer aufgeschnappten Konversation mit dem Service am Nachbartisch über 400 Tour Menüs an Mann und Frau gebracht hat. Für alle Interessierten hier das Menü meiner Begleitung, die Fotos lade ich separat hoch: Tour de Menu vom 24.2. 20.3.2016 POLENTACREMESÜPPCHEN MIT BÄRLAUCH, gebratenes Kaninchenfilet ZIEGENKÄSEKUCHEN MIT TRAUBEN EISENKRAUTGELEE, mit Roquefort Mayonnaise und gerösteten Pecannüssen CASSISFRAPPÉ MIT CHAMPAGNERESPUMA ZWEIERLEI VOM RIND, FILET UND KNUSPRIGES BÄCKCHEN, mit Sellerie und Portwein Schalottencreme MANDELSOUFLEE MIT BESCHWIPSTER BIRNE von der Karte gewählt und getauscht zartbitter Schokoladenmousse, Walnußeis und karamelisierte Walnüße 4 Gang Menü € 52,00 auf Wunsch servieren wir Ihnen zu jedem Gang ein Glas 0,1 Korrespondierenden Wein € 31,00,"